Im ersten Teil der Serie „Spiele für Unternehmen“ ging es um Einsatzgebiete, Ziele und Zielgruppen. Im zweiten Teil haben wir uns mit den verschiedenen Möglichkeiten der Spielentwicklung für Unternehmen und dem dafür erforderlichen Zeitaufwand beschäftigt: Am einfachsten ist es, einen Brett- oder Kartenspiel-Klassiker nur mit dem Logo zu personalisieren. Etwas aufwändiger, aber dafür individueller ist es, einen solchen Klassiker abzuwandeln und mit einer Story zu unterlegen, die zum Unternehmen passt, bzw. zum Anlass, für den das Spiel eingesetzt werden soll (z.B. Veranstaltung, Kampagne etc.). Noch aufwändiger ist es, ein komplett neues Spielprinzip zu entwickeln.
Spielentwicklung „light“: Abwandeln bewährter Spiele-Klassiker
In den nächsten Beiträgen der Serie werden wir uns mit der Abwandlung bewährter Brettspiel-Klassiker auseinander setzen. Die Spiele sind allgemein bekannt, die Regeln können einfach erlernt werden. Der zeitliche Aufwand für die Spielentwicklung ist überschaubar. Als erstes Spiel knöpfen wir uns PACHISI vor.
Pachisi / Ludo / „Ärger-Spiele“, Basis-Regeln
Pachisi ist eines der ältesten Spiele der Welt. Es stammt aus Indien und wird dort seit Jahrtausenden gespielt. Etwa im 19. Jahrhundert wurde das Spiel nach Europa und die USA gebracht und es entwickelten sich viele Varianten. Beliebte Abwandlungen von Pachisi sind z.B. „Ludo“, „Eile mit Weile“,„Fang den Hut“, oder „Malefitz“. Die ausführliche Spielanleitung (traditionelles Pachisi + vereinfachte Abwandlungen) findet Ihr hier.
Kurz: Jeder Spieler erhält 4 Spielfiguren. Mit diesen muss er – ausgehend von seinem Startfeld – das Spielfeld umrunden und mit genauem Wurf im Ziel ankommen. Er darf bei jedem Zug entscheiden, mit welcher seiner Figuren er weiterzieht, und gegnerische Figuren dürfen geschlagen und zum Start zurückgeschickt werden. Ein sehr emotionales Spiel, an dem schon mancher Spieler verzweifelt ist ?
Hier im Bild einmal das Basis-Spielbrett, einmal die grafische Überarbeitung zum Blümchen-Spiel (unser Spiel blümchenblau, am Mechanismus wurde dabei nichts verändert. Erhältlich in unserem Werbespiele-Shop ab 10 Spielen und als Einzelstück bei Amazon).
Abwandlungen / Erweiterungen der Spielregeln
Möchte man den Brettspiel-Klassiker abwandeln bieten sich folgende Regel-Variationen an:
- Spielen mit 2 Würfeln verkürzt die Spielzeit und verändert die Wahrscheinlichkeiten. Und wenn man den Spielern erlaubt, entweder die Summe der Würfelpunkte mit einer Figur zu ziehen oder die Würfelzahlen auf zwei Spielfiguren aufzuteilen (eine Spielfigur zieht die Würfelzahl des ersten, eine andere die Würfelzahl des zweiten Würfels) eröffnet man dem Spieler bei jedem Spielzug eine Vielzahl von Möglichkeiten, was das Spiel anspruchsvoller macht.
- Für kleinere Kinder bietet sich eine Variante mit Farbwürfeln an, denen auf dem Spielplan entsprechende Felder zugeordnet sind.
- Es ist möglich, nicht nur Vorwärts- sondern auch Rückwärts-Züge zu erlauben.
- Andere Variationsmöglichkeiten sind Streckenverkürzungen, -verlängerungen oder das Zufügen von Sonderfeldern, auf denen Aufgaben oder Aktionen untergebracht werden können.
- Spannung ins Spiel lässt sich durch Plättchen bringen, die zu Beginn eines Spiels – am besten mit der Rückseite nach oben – auf dem Spielbrett verteilt werden. Auch auf den Plättchen können Aufgaben untergebracht werden.
- Auch das Ziel des Spiels lässt sich variieren. Statt der Vorgabe, alle Spielsteine der eigenen Farbe ins Ziel zu bringen, kann man die Regel aufstellen, dass Spielsteine aller Farben eingesammelt werden können. Gewonnen hat, wer zuerst vier beliebige Spielsteine in sein „Haus“ gebracht hat.
- Wie beim klassischen Pachisi können auch 2 Spieler zusammen ein Team bilden.
- Anstatt mit Würfeln kann das Spiel mit Karten konzipiert werden, die angeben, welche Aufgaben
gelöst werden müssen oder wie viele Felder nach vorne gezogen werden darf. Wenn man das Spiel
mit einer strategischen Komponente ergänzen möchte, lässt man die Spieler die Karten nicht gleich
ausspielen, sondern sie zuerst einige Karten in der Hand sammeln.
Als Firmenspiel mit Story: Wer ist zuerst bei XXX?
Ablauf und Spielziel kurz zusammengefasst:
Ausgehend von einem Startpunkt als Erster alle seine Spielfiguren ins Ziel bringen. Das schafft der Spieler einerseits dadurch, dass er schneller vorankommt als die Gegner (Würfelglück), andererseits dadurch, dass er seine Gegner blockiert (indem er sie durch „Schlagen“ wieder an den Start zurückschickt).
Wenn sich auf Basis dieses Ablaufs eine passende Story für das Unternehmen oder den Anlass entwickeln lässt, ist das eine schöne Sache: Das Spielprinzip ist allgemein bekannt und bei Jung und Alt beliebt, es muss von den Spielern nicht neu erlernt werden. Das Spiel lässt sich mit relativ wenig Aufwand durch Sonderfelder und zusätzliche Spielzüge aufwerten, (Produkt-)Bilder lassen sich auf dem Spielplan gut unterbringen. Aber: Nicht zu jedem Unternehmen oder Anlass passt die Tatsache, dass die Spieler richtig fies zueinander sein müssen, um das Spielziel zu erreichen. Wichtig: Die Story muss stimmig sein, der Spielablauf muss logisch zur Handlung passen.
Pachisi mit Story – Beispiel aus unserem Verlag
Als Beispiel für eine einfache Pachisi-Abwandlung will ich Euch ein Spiel aus unserem Verlagsprogramm vorstellen: „Der schnellste Weg zum Fernsehturm“ – das Berlin-Pachisi (bestellbar mit eigenem Logo in unserem Werbespiele-Shop und demnächst auch als Verlags-Spiel bei Amazon und Hitmeister)
Die Story
Vier Familien machen Urlaub in Berlin. Sie haben schon alles Mögliche gesehen, nun wollen sie ganz schnell zum Fernsehturm. Heute ist die Aussicht besonders schön, und außerdem ist ein 5-gängiges Menü im Turm-Restaurant als Preis für die erste Familie ausgeschrieben, die mit allen „Familienmitgliedern“ den Fernsehturm erreicht. Ausgangspunkte sind vier verschiedene Sehenswürdigkeiten. Jede Familie will gewinnen – es liegt auf der Hand, dass man sich gegenseitig Steine in den Weg legt.
Bisher alles bekannt, die Story ist sehr einfach gestrickt, aber passt zum Ablauf dieses Klassikers.
Abänderung / Erweiterung der Regeln
Einige kleine Veränderungen des klassischen Mechanismus haben wir eingebaut:
1. Gespielt wird mit 2 Würfeln statt mit einem, den Augenzahlen werden bestimmte Aufgaben zugewiesen.
z.B. Augenzahl 6 ! „Du bist mit der U-Bahn unterwegs, rücke 6 Felder vor“.
2. Zusätzlich gibt es Sonderfelder im Spiel, die bestimmte Funktionen haben und mit denen wir die Story vertieft haben. z.B. auf „Döner-Bude“ Feldern darf man in Ruhe seinen Döner genießen und nicht geschlagen werden, auf den Taxi-Feldern darf man in ein Taxi einsteigen und kommt schneller Richtung Ziel.
3. Wir haben eine Erweiterung mit Karten entwickelt, die anstelle der Würfel eingesetzt werden können. Jeder bekommt drei Karten auf die Hand, von denen in jedem Spielzug jeweils eine ausgespielt und eine vom Stapel nachgezogen wird. Damit konnten wir einerseits das Berlin-Thema vertiefen (auf den Karten sind typische Fahrzeuge aus Berlin abgebildet, denen eine bestimmte Punktezahl zugeordnet ist), andererseits eine strategische Komponente einführen: Die Karten werden in der Hand gesammelt, es wird vom Spieler in jedem Spielzug die günstigste Karte ausgespielt
Buchtipp
Wer sich intensiver mit dem Thema Spielentwicklung, insbes. Abwandlung von „Ärger-Spielen“ beschäftigen möchte, dem sein folgendes Buch empfohlen:
Ärger-Spiele. Varianten und Verschärfungen. Von Dirk Hanneforth und Andreas Mutschke. Leider nur mehr gebraucht erhältlich.
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