Crowdfunding für ein Brettspiel: Dantes Reise durch die Hölle – Interview mit dem Autor Gerhard Moser

Ich mag Geschichten. Ich mag Themen, die so spannend und inspirierend sind, dass einem 1.000 Ideen und Assoziationen dazu einfallen. Ich mag Spiele, bei denen man in eine eigene Welt eintaucht, ich mag atmosphärische Spiele, schräge Wesen – und ansprechende Grafiken. Und ich mag Aktionen wie Crowdfunding Kampagnen, bei denen man gemeinsam etwas Schönes auf die Beine stellt oder möglich macht. Daher habe ich mich gefreut, dass wir den Prototypen für „Dantes Reise durch die Hölle“ herstellen durften – und freue mich noch mehr, wenn die Crowdfunding Kampagne für dieses Spiel erfolgreich verläuft und wir es produzieren dürfen!

Die Kampagne auf startnext startete gestern, 8.000 Euro sollen eingesammelt werden – innerhalb der nächsten 88 Tage.
Ich habe den Innsbrucker Gerhard Moser, Autor des Spiels und Starter der Kampagne auf startnext befragt, zu Hintergrund, Idee, Charakter und Ziel des Spiels:

1. Worum genau geht es in dem Spiel „Dantes Reise durch die Hölle“?

Das Spiel ist der Göttlichen Komödie von Dante Alighieri nachempfunden. Dort reist Dante durch die drei Jenseitsreiche Hölle, Fegefeuer und Paradies, um auf den rechten Weg zurückzufinden. Im Spiel, das sich auf das erste Reich, die Hölle, beschränkt, müssen es ihm die Spieler gleichtun. Sie beginnen in einem dunklen Wald, von wo aus sie durch die Vorhölle und die neun Kreise der Hölle schreiten. Jeder Kreis steht für eine andere Sünde, der zweite z. B. für die Wollust, der dritte für die Gefräßigkeit, und ist von vielen verschiedenen bizarren Kreaturen bevölkert. Wo sonst trifft man auf dreiköpfige Höllenhunde und Selbstmordbäume? Im letzten Kreis wartet natürlich Luzifer selbst und hinter ihm das rettende Fegefeuer.

2. Können Sie ein bisschen etwas zum Hintergrund erzählen – die Göttliche Komödie von Dante Alighieri – und was fasziniert Sie persönlich besonders daran?

Die Göttliche Komödie gilt nicht umsonst als eines der größten Werke der Weltliteratur. Sie erschafft ein sehr plastisches, lebendiges Bild des Jenseits, das heute noch unser Bild von Hölle, Fegefeuer und Paradies prägt, und verhandelt dabei Themen der Wissenschaft, der Religion, der Moral, des Lebens. Es handelt sich dabei jedoch um keine blutleere theologische Auseinandersetzung, sondern um ein Werk voller faszinierender Charaktere und Geschichten. Dante entwirft ein in sich geschlossenes System von Schuld und Sühne, das den Leser zur Beschäftigung mit den großen Fragen einlädt, vielleicht gerade weil Dantes Antworten moderneren Ansichten oft widersprechen: Was ist Gerechtigkeit? Wie führe ich ein gutes Leben? Wen würde ich in die Hölle schicken, wenn ich wie Dante frei darüber entscheiden könnte?

3. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, zu diesem Thema ein Brettspiel zu entwickeln?

Bei einem Besuch in einem Museum entdeckte ich ein altes Brettspiel, „Die Reise durch die Alpen“ oder so ähnlich. Ein simples Laufspiel, das mich aber sofort faszinierte. Schon war die Idee geboren, selbst ein Brettspiel zu entwerfen; es fehlte nur noch das richtige Thema. Als ich wenig später die Göttliche Komödie las, fiel mir auf, dass sie wie ein Spiel aufgebaut ist. Es gibt Spielfelder (die Höllenkreise), Gegner am Ende jedes Kreises, die überwunden werden müssen, um in den nächsten Kreis zu gelangen, Dante stellt und beantwortet Fragen, löst Aufgaben usw. Plötzlich sah ich den Entwurf von Dante mit ganz anderen Augen.

Spielplan-dantes-reise-ausschnitt2

4. Können Sie den Charakter des Spiels, den Ablauf und das Ziel in knappen Worten beschreiben?

Dantes Reise kombiniert Elemente von Lauf-, Rate- und Einschätzungsspielen. Ziel ist es als erster Spieler vom dunklen Wald in das rettende Fegefeuer zu gelangen. Dazu müssen elf Kreise durchquert werden (der Wald, die Vorhölle und die neun Höllenkreise). Um in den nächsten Kreis zu gelangen, muss in jedem Kreis eine Gnadenmünze gesammelt werden, die für die Vergebung einer Sünde steht (wie erwähnt steht jeder Kreis für eine andere Sünde) und als Passierschein für den Wächter am Ende jedes Kreises fungiert. Man erhält Gnadenmünzen, indem man Fragen beantwortet oder Aufgaben löst. Da Dantes Reise aber ein sehr kommunikatives Spiel ist, ist man dabei nie auf sich allein gestellt: die Spieler können einander helfen, miteinander verhandeln oder sich auch hintergehen, je nach Spielsituation und Charakter des Spielers; manchmal müssen sie sogar zusammenarbeiten. Ein Spiel verläuft nicht unbedingt linear vom Wald bis zum letzten Kreis, den Spieler verschlägt es immer wieder in weiter oben oder unten gelegene Kreise.

dantes-reise-profilblatt

5. An wen richtet sich das Spiel? Und welche Erfahrungen / Erkenntnisse bringen die Spieler mit, wenn sie aus ihrer Höllenreise zurückkehren?

Wer beim Spielen Wert auf eine stimmungsvolle Welt legt, in der man als Spieler ganz eintauchen kann, oder sich für Themen wie das Leben, Welt- und Jenseitsbilds des Mittelalters und antike Mythologie interessiert oder einfach gerne das Verhalten bzw. die moralischen Einstellungen seiner Mitspieler einschätzt, ist bei Dantes Reise sicher richtig. Ich möchte dabei auch betonen, dass keinerlei Vorkenntnisse nötig sind, um am Spiel Spaß zu haben; wegen der teilweise doch recht gewaltvollen Thematik (wir sind schließlich in der Hölle) würde ich es aber erst für Spieler ab 15 Jahren empfehlen.
Im Spiel lernt man seine Mitspieler anhand ihres Einschätzungen und Entscheidungen besser kennen. Beispielsweise ist eine Aufgabe, die die Spieler gemeinsam lösen müssen, prominente Persönlichkeiten in den gebührenden Höllenkreis zu schicken – wen eine Person auswählt und wohin sie ihn schickt, ist sehr aufschlussreich (und unterhaltsam). In anderen Fällen haben Spieler die Wahl: helfe ich einem anderen Spieler (z. B. bei der Beantwortung einer Frage) oder hintergehe ich ihn, wie verteile ich Gewinne an andere, bevorzuge ich bestimmte Mitspieler usw.

6. Ist „Dantes Reise durch die Hölle“ Ihr erstes Spiel oder haben Sie schon andere Spiele konzipiert?

Dantes Reise ist mein erstes Spiel. Ich komme aus dem literarischen Bereich, wobei in meinen Arbeiten im Laufe der Jahre das Grafische, aber auch das Spielerische immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. So habe ich z. B. in einem Stadtführer zu meiner Heimatstadt Innsbruck, in dem sich Wahrheit und Fiktion vermischen und überlagern, die Leser dazu eingeladen, selbst aktiv zu werden, sich auf den beschriebenen Wegen ihr eigenes Bild zu machen und so Leerstellen zu füllen. Zur Entwicklung eines Spiels war der Sprung dann gar nicht so groß; ich habe versucht, das Spielerlebnis wie eine Geschichte zu gestalten. Wobei die Geschichte dieses Mal nicht von mir stammt, sondern eben von Dante Alighieri.

7. Wenn Sie nicht Ihre eigenen Spiele testen – welche Art von Spielen spielen Sie gerne? Haben Sie Lieblingsautoren oder Lieblingsverlage?

Ich mag Spiele mit einfachen Regeln, besonders Quizspiele wie Trivial Pursuit, aber auch sehr gerne kommunikative Spiele wie Therapie oder Activity. Ich denke, das merkt man meinem Spiel auch an. Bei der Arbeit an Dantes Reise habe ich mich natürlich auch mit Theorie und Konzepten des Spielens auseinandergesetzt und dabei ein starkes Interesse an historischen Spielen entwickelt, wie z. B. Pachisi oder dem Gänsespiel. Bei Verlagen oder Autoren habe ich noch keine ausgeprägten Präferenzen entwickelt; nachdem ich aber immer tiefer in die Welt des Spielens eintauche, wird sich das sicher bald ändern. Für Tipps bin ich jedenfalls dankbar.

8. Und was machen Sie sonst so, wenn Sie nicht gerade Spiele entwickeln, testen oder spielen?

Im Brotberuf bin ich selbständiger Programmierer und Designer im Web-Bereich, was für Dantes Reise in doppelter Hinsicht hilfreich war: einerseits bei der Strukturierung des Materials und der Entwicklung der Ablauflogik, anderseits bei der grafischen Gestaltung und technischen Umsetzung. Im künstlerischen Bereich bin ich vor allem literarisch tätig. Mein nächstes Projekt, das ich seit Jahren im Hinterkopf habe, ist eine Graphic Novel – die Welt und die Charaktere sind schon recht konkret, in die Geschichte muss ich aber noch einiges an Arbeit investieren.

Vielen Dank für das interessante Interview! Wer von Euch liebt atmosphärische Spiele, bizarre Wesen und Welten, möchte spielerisch etwas über eines der größten Werke der Weltliteratur erfahren oder hat Interesse an antiker Mythologie und am Leben im Mittelalter? Hier geht`s zur Kampagne auf startnext – macht mit und sagt weiter! 🙂

banner-dantes-höllenfahrt-600

4 Antworten zu „Crowdfunding für ein Brettspiel: Dantes Reise durch die Hölle – Interview mit dem Autor Gerhard Moser“

  1. […] des Innsbruckers Gerhard Moser für sein Spiel “Dantes Reise durch die Hölle” habe ich bereits ausführlich berichtet – hier geht es zum Interview mit dem Spieleautor, und hier zur Kampagne auf […]

  2. […] Gerhard Moser, hat schon vor und während der Kampagne intensiv über sein Werk berichtet –  hier im Interview für unser Blog, auf der Website des Spiels schilderte er in einer Serie, wie es von […]

  3. […] von Gerhard Moser nach erfolgreicher Finanzierung durch die Crowd in einer Kleinserie produzieren. Interview mit dem Autor / Fotos von einer Probespielrunde […]

  4. […] Produktion Gerhard hat schon vor und während der Kampagne intensiv über sein Werk berichtet –  hier im Interview für unser Blog, auf der Website des Spiels schilderte er in einer Serie, wie es von […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert